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Grazia Verasani
FROM MEDEA
Deutschsprachige Erstaufführung


Premiere: 7. Juli 2006, TASCH 2

Fotos link |

Besetzung:
Inszenierung -
Ausstattung -

Dramaturgie -
Regieassistenz -
Soufflage -
Ekkehard Dennewitz
Frank Chamier (Gast)

Jürgen Sachs
Rachel Altmann /Anja Benndorf
Kerstin Reinsberg
FROM MEDEA

Darsteller:
Marga - Juliane Beier | Rina - Joanna Praml | Vincenza - Barbara Schwarz | Eloisa - Uta Eisold

Technische Leitung - Fred Bielefeldt | Beleuchtung - Dennis Jagusiak | Requisite - Margarita Belger | Maske - Grit Anders | Inspizienz - Ito Grabosch | Ton - Ronald Strauß | Garderobe - Elisabeth Müller | Schneiderei - Eva Nau, Gisela Schmidt, Claudia Siebenborn

Stück:

Deutschsprachige Erstaufführung

From Medea

von Grazia Verasani

Vier Frauen zwischen Ende Zwanzig und Mitte Vierzig, die nicht viel gemeinsam haben – außer einer erdrückend großen Schuld: Die Kindsmörderinnen teilen sich gemeinsam ein Zimmer in der psychiatrischen Verwahrung. Ihr Alltag besteht in dem Versuch, das Vergangene zu bewältigen oder auch nur zu verdrängen. Zwischen kleinen Boshaftigkeiten und stumpfer Gleichgültigkeit führt jede von ihnen einen inneren Kampf, der sie in ihren Selbstvorwürfen und Rechtfertigungsversuchen zu zerreißen droht.

Nach und nach kehren die Frauen ihr Inneres nach außen und finden über dem Abgrund der inneren Tragödien ein klein wenig Halt in gegenseitigem Verständnis, Freundschaft und Solidarität...

Grazia Verasani, Jahrgang 1963, ist Schauspielerin, Autorin und Liedermacherin. Die Uraufführung von „From Medea" fand 2002 in Rom statt. Das Hessische Landestheater Marburg zeigt dieses bewegende Psychogramm als deutschsprachige Erstaufführung.
Pressestimmen:

Marburger Neue Zeitung

Frauen haben böses Geheimnis Premiere im Theater am SchwanhofMarburg (vi).

Die Schlagzeigen aus dem letzten Jahr um die Tötung von neun Säuglingen durch die eigene Mutter sind nicht vergessen. Das Hessische Landestheater Marburg hat sich jetzt des Themas Kindstötung angenommen und das Stück „From Medea” der italienischen Autorin Grazia Verasani auf die Bühne gebracht.Im Theater am Schwanhof war die deutschsprachige Erstaufführung zu sehen. Das Stück zeigt vier Frauen mit vier unterschiedlichen Geschichten, aber mit dem gleichen grausamen Geheimnis in einem Psychiatriezimmer. Zwischen kleinen Boshaftigkeiten und stumpfer Gleichgültigkeit führt jede der Frauen einen eigenen Kampf gegen die Stimmen im Kopf, die nicht aufhören wollen.

„Ich war müde, das schon, aber als es geschehen ist, in dem Augenblick, war ich das Mädchen, das eine Puppe kaputt macht, die ihm nie gefallen hat”, so beschreibt Marga, eine der vier psychisch kranken Frauen, die Tötung ihres eigenen Sohnes. Liebe zu ihm konnte sie nie aufbauen, das Gefühl, auf das sie nach der Geburt hoffte, stellte sich nie ein.

In einem intensiven Spiel der extremen Gefühle zwischen Freude, Hysterie und Hoffnung kehrt jede der Frauen ihr Inneres nach außen. Die Zuschauer bekommen die Möglichkeit, sich jedem Schicksal anzunehmen, ohne dabei eine Beziehung zu den Frauen aufzubauen, die optisch durch einen Bauzaun von den Zuschauern getrennt sind. Es wird eine künstliche Distanz geschaffen, die die Tat der Frauen immer vor Augen hält und nicht vergessen macht. Die Auseinandersetzung mit solch einem sensiblen Thema bedeutet einen stetigen Spagat zwischen der Suche nach Erklärungen und dem „fälschlichen” Aufbau von Sympathien für die Täterinnen. Dem gesamten Ensemble ist es gelungen ein Stück zu inszenieren, in dem keine Entschuldigen und Rechtfertigungen gefunden, sondern Erklärungen angeboten werden.


Giessener Allgemeine Zeitung

Weltmeister im Verdrängen

Deutschsprachige Erstaufführung in Marburg: Grazia Verasanis »From Medea«

Schlagzeilen über Kindsmörderinnen erschüttern immer wieder in den Nachrichten. Schier unglaublich erscheinen da die Taten einer Mutter aus Brandenburg, die - wie im August 2005 die grausamen Funde beweisen - die Leichen von neun Babys in Blumentöpfen und -kästen verscharrt hatte. Auch wenn über die Motive heftig spekuliert wird: Kindsmörderinnen sind keineswegs nur Ausgeburten unserer schnelllebigen, fordernden Zeit - es hat sie schon immer gegeben, und sie waren auch Thema für Theaterstücke. So bringt in Goethes »Faust I« das Gretchen - übrigens nach einem authentischen Fall aus Frankfurt - ihr Neugeborenes aus Verzweiflung um. Und Medea gar tötet schon in der antiken Sage ihre drei Söhne aus Rache an dem untreuen Ehemann.

Es ist folglich kein leichter Stoff, mit dem uns das Hessische Landestheater zum Abschluss der Spielzeit im Marburger Theater am Schwanhof konfrontiert. Während die Männer des Ensembles draußen im romantischen Schloss Rauischholzhausen nach dem Geheimnis »Der Name der Rose« suchen, erforschen vier Frauen in einer gemeinsamen Zelle der Psychiatrie die Abgründe ihrer Seele. »From Medea« hat die italienische Autorin Grazia Verasini, Jahrgang 1963, ihr vier Jahre altes Stück genannt, das Intendant Ekkehard Dennewitz nun als deutschsprachige Erstaufführung in einer kompromisslosen Studie zeigt.

Dabei wird für keine der vier Frauen Partei ergriffen. Nur bruchstückhaft erfährt der aufmerksame Zuschauer von ihren Tötungen, denn die Betroffenen sind Weltmeister im Verdrängen. Langsam aber fügt sich in den vielen kurzen Sequenzen Mosaiksteinchen zu Mosaiksteinchen, und viel wichtiger als das Erkunden, wie es überhaupt zur Tat kommen konnte, ist die Frage nach dem Überleben, nach der Verarbeitung des Geschehenen. Denn wie stellt eine der Zimmergenossinnen fest: »Wenn eine Mutter ihr Kind umbringt, gibt es zwei Tote.«

Jede der vier Insassinnen, die Ausstatter Frank Chamier symbolisch hinter hohen Absperrgittern auf ein paar Quadratmetern mit Tisch, Stühlen, Staubsauger und zwei Etagenbetten agieren lässt, hat ihre eigene Methode entwickelt, um den öden Alltag über die Runden zu bringen. Die junge Rina der Joanna-Maria Praml hält sich mit gymnastischen Übungen fit und klammert sich in ihrem kindlichen Wesen an Balu, den kleinen Teddybären, und Michael, den verständigen Briefeschreiber von draußen.

Barbara Schwarz vertraut als verschlossene Vincenza alles ihrem Tagebuch an. Immer wieder liefert sie sich Scheingefechte mit Eloisa, der Ältesten in diesem Zwangsverbund, die Uta Eisold impulsiv, provozierend und lebenshungrig gibt. Am zerbrechlichsten in dieser ungleichen Runde, die erst einmal nur das Gemeinsame ihrer Taten verbindet und dann doch so etwas wie Freundschaft entwickelt, wirkt die ernste, verstörte Marga der Juliane Beier. Aber nicht sie ist es, die sich zum Schluss das Leben nimmt - ein Selbstmord, der für kurze Zeit die kleine Gemeinschaft erschüttert, die dann aber flugs wieder zu ihren Alltagsritualen zurückkehrt.

Am Ende der intensiven, pausenlosen hundert Minuten bleiben mehr Fragen offen als beantwortet. Das Stück, das in seiner Art und Sprache nicht ganz so packt wie Neil LaButes »Bash«, regt aber auf jeden Fall zum Nachdenken an - noch am morgigen Dienstag und Mittwoch und dann wieder ab der neuen Spielzeit im September. Marion Schwarzmann



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